Ein Künstlerportrait

Erhard Kalina. Geboren 1952 in Altwistedt lebt und arbeitet der heute freischaffende Künstler in Worpswede bei Bremen.
Im Kunstzentrum „Alte Molkerei” leitet der 61-Jährige nicht nur mit großer Begeisterung eine Malschule, sondern genießt außerdem seine Liebe zur Natur und die Ausstrahlung der Künstlerkolonie Worpswede.

Ich reite auf deiner Welle der Geborgenheit.

Nichts kann mich aus dem Sog dieser Zufriedenheit ziehen.

Kein Ziel mehr vor Augen, denn das Ziel ist längst vorbei.

Ob ich den richtigen Weg gewählt habe?

Ich genieße die Fahrt. Kein Rückwärtsgang.

Wenn du da bist fühle ich mich rundum frei.

Der Traum endet und endet nicht.

Ich träume immer weiter von dir ohne mich umzusehen.

Interview

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Berliner Patinierwerkstatt

Sie lässt sie alle alt aussehen!

Arbeiten mit Schweinebauch und Blutpaketen: Alltag in der Welt von Sabine Kubat

Berlin Treptow. 13 Uhr. Die Sonne blinzelt zwischen grauen Regenwolken hervor. Ein Straßenarbeiter fegt Laub. Es ist eine dieser ruhigen Seitenstraßen Berlins, in der Kinder spielen und die Luft nach frischgebackenen Brötchen duftet. Doch der Schein trügt. Gleich hinter den Gemäuern bohrt, schmirgelt und zementiert  Sabine Kubat seit einem Jahr Kleidung für ihren Patinierdienst– eine Anlaufstelle für alle, die das Alte schätzen.

Sabine Kubat nimmt sich eine Zigarette. Die dazugehörige Schachtel liegt auf einer alten Holzschublade, die jetzt als Beistelltisch dient. Ihre Augen fixieren die Tabakware. „Ich mag die Aufregung am Set, wenn alles auf den Punkt funktionieren muss“, sagt die 35-jährige und zündet sich die Zigarette an.

Dünne braune Haare zieren Kubats Gesicht. Eine Hornbrille mit schmalen Rändern, ein rot kariertes Halstuch, dazu ein grüner Blaumann. Die Frau wirkt wie eine Figur in ihrer eigenen Werkstattwelt. So sehr passt sie sich in das Bild ihrer Umgebung ein. Spraydosen, Babypuder und Vaseline. Dahinter an der Wand hängen Hammer, Zangen, Schraubenzieher und eine Bohrmaschine. Auf der  großen Arbeitsplatte liegt eine Daunenjacke, darunter häufen sich Stoffballen und Zeitschriften. Selbst einen  Betonmischer („für den richtigen Schmuddellook“) und eine Werkbank sind im Atelier der gebürtigen Havelbergerin vorhanden. „Oft benötige ich außerdem medizinische Artikel wie Gummihandschuhe, Spritzen und Schläuche für meine Arbeit“, sagt sie.

„Meine Jobs bekomme ich meistens durch die jahrelange Arbeit beim Film“

Sabine Kubat ist selbstständige Patiniererin. Ein Beruf den nicht mal Google kennt. Seit einem Jahr beschmutzt und zerstört die Wahlberlinerin Kostüme und Requisiten für Film und Theater. Geübt habe Sie das Patinieren zwar schon acht Jahre lang als Garderobiere, aber jetzt sei sie unabhängig. „Meine Jobs bekomme ich meistens durch die jahrelange Arbeit beim Film oder wenn ich ab und zu einen Newsletter an alle mir bekannten Kostümbildner verschicke“, sagt die 35-jährige.

„Patina“, ital. „dünne Schicht“, ist eine durch natürliche oder künstliche Alterung entstandene Oberfläche. Sie gilt als Beweis für das Alter eines Gegenstands und dient entweder als künstlerisches Ausdrucksmittel oder ist als natürliche Patina Beleg für witterungsbedingte Alterung. Kubat sieht vor allem Gemeinsamkeiten mit Archäologen. Jüngst traf sie zwei von ihnen auf einer Party. Sie kamen ins Gespräch und entdeckten. „Im Grunde beschäftigen wir uns doch mit der gleichen Sache: Wir schätzen das Alte. Sie entfernen die Patina und ich erzeuge eine künstliche.“

„Die Klamotte wird am Set im Schnitt drei bis vier Wochen lang jeden Tag getragen“

Auf der Hauptarbeitsfläche des Ateliers liegt noch immer die blaue Daunenjacke. Neben Schmirgelpapier und alten Lappen stehen zwei Flaschen mit brauner und grauer Acrylfarbe bereit. „Diese Jacke wird im „Tatort“ einem Penner gehören. Sie muss kaputt und sehr speckig aussehen“, sagt Kubat. Im Schnelldurchlauf bedeutet das: Speckränder aufmalen, Nähte auftrennen, Daunen herausziehen und zuletzt ein paar kleine Brandlöcher hinein. Fertig ist der Schmuddelook.  „Bei den meisten meiner Aufträge muss ich davon ausgehen, dass die Klamotte im Schnitt drei bis vier Wochen lang jeden Tag am Set getragen wird. Da muss jede Technik sitzen.“

Als studierte Modedesignerin habe sie schon immer der psychologische Aspekt an Kleidung interessiert. Ein Grund warum Kubat sich nach ihrem Studium vorerst komplett aus der Mode zurückzog. „Trenddruck konnte ich noch nie nachvollziehen. Er erscheint mir nicht ehrlich, sondern eher wie eine Maske.“

Losgelassen hat sie die Mode dennoch nicht. „Eine Freundin eines Freundes hat mich damals für einen Film als Kostümbildnerin engagiert“, erinnert sich die Wahlberlinerin. Heute kann sie bereits von ihrem Patinierdienst leben. „Ganz frei zu machen, um in den Urlaub zu fahren, traue ich mich aber noch nicht.“

„Dann hocke ich daneben und pumpe Filmblut in die Kunstwunde“

Ihre Patinierkünste setzt die 35-jährige auch direkt am Filmset ein. „In der Vergangenheit habe ich unter anderem beim „Tatort“ die Kostüme gemacht sowie kürzlich für den Film „Feuchtgebiete“, erzählt sie. „Dann hocke ich daneben und pumpe Filmblut in die Kunstwunde.“ Sie lacht und ihr Muttermal am rechten Augen schiebt sich ein Stück weiter nach oben. Was wir Zuhause nicht wissen: Bevor das Blut so authentisch aus der Wunde suppen kann, befestigt Kubat ein Stück Schweinebauch unter der Kleidung. Nur so kann darauf das Blutpäckchen fixiert werden.

Noch komplizierter ist die Prozedur bei Einschusswunden. „Hierbei werden kleine Dynamitpäckchen unter der Kleidung befestigt, die bei Berührung aufplatzen“, erklärt Kubat und nimmt sich eine Kippe.

Es bleibt erstaunlich ruhig in der Werkstatt in der Kiefholzstraße. Kubat hat neuen Kaffee aufgesetzt. Für einen kurzen Moment scheint es, als versinke sie in dem mächtig braunen Ledersessel vor dem Fenster. „Meine Mutter findet meinen Beruf befremdlich. Mittlerweile sagt sie aber nur noch selten etwas dazu.“

 

Kontaktdaten:

Sabine Kubat

Werkstatt:

Kiefholzstr.19/20

12435 Berlin-Treptow

 

 

Inteam

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Privats(a)phären

Tja, Privatsphäre. Das wars mit uns. Wir sind am Ende. Nach Jahren des Glücks kommen jetzt wohl die, aus denen andere ihre Songtexte schreiben. Wir hatten ne verdammt gute Zeit. Stimmt. Und einmal hätte ich dir sogar verziehen, aber nicht das.

Wie viele sollen dich noch ins Bett kriegen? Das kanns nicht sein.

Wo ist geblieben was dich ausmacht? Das ganze Geheimnis. Du warst die, die immer rausstach. Jetzt bist du nur noch mittendrin.

Weißt du noch vor zwei Jahren. Wir saßen ganz oben auf diesem Berg irgendwo im Nirgendwo. Hatten uns über Stunden an die Spitze gekämpft. Nur um zu spüren, wie es sich anfühlt ganz oben zu stehen. Es war heiß. Die Sonne brannte auf unserer Haut, aber wir sind einfach immer weiter gegangen. Nur du und ich. Allein.

Die Zeiten haben sich wohl geändert. Du hast dich verändert. Nichts ist wie früher. Und da ist er wieder. Der gloreiche Satz der Großeltern: Früher war eben doch alles besser.

Jetzt stehst du vor mir. Blickst in mein Gesicht. Es tut dir leid. Aber du wusstest auch nicht wie das passieren konnte. Die letzten Jahre haben dich aufgewühlt und mehr und verwirrt. Ich hatte es kommen sehen, aber gehofft du würdest noch irgendwie die Kurve kriegen. Ich meine, ich hab` doch versucht dich zu schützen. Sogar meine Einstellungen habe ich für dich verändert.

Einige sagen, du wärst jetzt freier. Früher hättest du dich viel zu oft nach mir gerichtet. Hättest dich nicht richtig öffnen können. Glaubst du diesen Mist etwa? Natürlich hatten wir unsere Kompromisse. Aber wir waren auch eine Equipe. Heute bist du intim als Team. Es tut mir weh dich so zu sehen.

Was soll ich sagen. Es ist aus. Ich bin enttäuscht. Als Menschenrecht hätte ich mehr von dir erwartet. Nicht weil du mehr bist als die anderen, sondern weil du meine Privatsphäre bist. Zumindest warst du es. Bis jetzt.

Du bist für mich gestorben.

 

Model: Lettina Berthold Hair&Make Up: Angelina Pander

Fotografin: Elena Michnew

Organisation, Umsetzung & Text: Cora Remmert